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Versteinerte Pflanzen

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Türkei, Nordanatolien, Landkreis Kızılcahamam

Fundregion

Basaltsäulen an der Straße Kızılcahamam-Güvem zeugen von der vulkanischen Tätigkeit in der Region
Etwa 70 bis 90 km nordwestlich von Ankara, im Landkreis Kizilcahamam, befindet sich eine Fundregion, aus der seit vielen Jahren silifizierte Pflanzenfossilien bekannt sind (z.B. DERNBACH 1996). Funde stammen insbesondere aus der Gegend um Kızılcahamam und Çamlıdere. Die genannte Region ist Teil der "Galatean Volcanic Province", deren Aktivität vom unteren Miozän bis in das Pliozän reichte (YÜRÜR et al., 2002). Die Kieselhölzer sind an helle andesitische bis dacitische Tuffe gebunden.

Während unserer Tour in die Fundregion im September 2010 haben wir dank der sehr fachkundigen Führung durch Muzaffer und Hikmet viele Fundstellen besucht, die eine Fülle an Informationen brachten. Dafür und für die ausgesprochene Herzlichkeit unserer Gastgeber vielen Dank an die Beiden und ihre Familien!

Mineralisierte Stämme in Wuchsposition

Fundstelle Soğuk Su Milli Park

Inmitten des Soğuk Su Milli Parkes (Nationalpark), wenige Kilometer westlich von Kızılcahamam, sind an einem sehr steilen Hang stark verquarzte, andesitische Tuffe aufgeschlossen, in denen 2 sehr mächtige, silifizierte Koniferenstämme in aufrechter Position stehen. Der eindrucksvollste Stamm ragt etwa 3,5 bis 4,0 m in die Höhe und besitzt einen Durchmesser von rund 2,5 m. Am Fuße dieses aufrechten Stammes liegt ±horizontal ein Stamm etwa gleichen Durchmessers, der sich rund 15 m in östliche Richtung verfolgen lässt. Der zweite, aufrechte Stamm ist ca. 2 m hoch und besitzt rund 1,5 m Durchmesser. Beide Stämme stehen etwa 20 m voneinander entfernt. Der Hang ist übersät mit Bruchstücken größerer Kieselholzstämme (alles Koniferen), so dass zu vermuten ist, dass sich in den anstehenden Vulkanoklastika weitere Stämme verbergen. Hellgelbe, rötliche und braune, dezimetermächtige Chertbänke in den Tuffen sind sehr dicht von silifizierten Wurzeln durchzogen. Es handelt sich um armdicke Koniferenwurzeln bis hin zu haarfeinen Wurzeln unklarer Zuordnung.

Mächtiger Kieselholzstamm Chert-Brocken mit silifizierte Wurzeln Isoliert gefundenes, silifiziertes Wurzelsegment

Fundstelle nahe Pelitçik

Blick auf die Fundstelle Pelitçik
Eine weitere, sehr eindrucksvolle Fundstelle befindet sich westlich von Çamlıdere in der Nähe des Dorfes Pelitçik. Ein flacher Hang ist auf rund 500 m² übersät mit Kieselholztrommeln (Fragmente kompletter Stämme und Äste), Bruchstücken und Splittern. Ich habe 14 aufrecht stehende (in situ) Koniferenstämme gezählt, die bis ca. 0,5 m über den Boden ragen. Deren Durchmesser betragen 0,2 bis 0,8 m. In den hellgrauen, fast weißen Tuffen sind 3 dunkelgraue bis schwarze Chertbänke von 0,5 bis 0,8 m Mächtigkeit aufgeschlossen, die teilweise massenhaft von Wurzeln und aufrechten Koniferenachsen durchzogen sind. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei um Paläosol-Horizonte handelt.

Eindrücke von der Fundstelle Pelitçik mit einer großen Zahl silifizierter Koniferenachsen

2 Chertbänke, eingeschaltet in die hellen Tuffite Aufrecht stehender, silifizierter Koniferenstamm

Detailansichten der Cherts

Die stark opalisierten Kieselhölzer besitzen helle Farben (weiß, hellgrau, hellrosa, hellbraun). Anzeichen von Umlagerungen oder Transport (Kantenrundungen, Abrollungserscheinungen, Einregelungen, etc.) sind nicht vorhanden. Holzanatomische Details sind selbst mit der Lupe vor Ort schon sehr gut zu erkennen.

Kompletter Querschnitt einer "Taxodium"-Achse

Cupressaceae-Achse mit weiteren epiphytischen Achsen

Selten finden sich größere Koniferenachsen, die in ihrem Xylem, ±parallel zu ihrer Längsachse, kleinere Achsen und Wurzeln aufweisen, die dort epiphytisch wuchsen (siehe Abbildungen oben). Dieses Phänomen habe ich an einigen wenigen Fundstücken vor Ort und auch bei einem meiner Sammlungsstücke beobachtet.

Miozäne Hölzer in perfekter Erhaltungen

Nach neusten Untersuchungen durch AKKEMIK et al. (2009) handelt es sich bei den Kieselhölzern im Wesentlichen um 2 Typen der Cupressaceae ("Taxodium" sp. und "Sequoia" sp.). Die genannten Autoren geben für den versteinerten Wald ein untermiozänes Alter (18,2 bis 16,9 Mill. Jahre - Burdigal) an. Das Paläoklima wird als warm-gemäßigt beschrieben.

System Serie Stufe Alter  
Pleistozän 0,01 - 1,8  
Neogen Pliozän Gelasium 1,8 - 2,6  
Piacenzium 2,6 - 3,6  
Zancleum 3,6 - 5,3  
Miozän Messinium 5,3 - 7,2  
Tortonium 7,2 - 11,6  
Serravallium 11,6 - 13,6  
Langhium 13,6 - 16,0  
Burdigal 16,0 - 20,4 Versteinerter Wald
Aquitan 20,4 - 23,0  
Paläogen Oligozän Chatt 23,0 - 28,4  
Rupel 28,4 - 33,9  

Fundstelle nahe Güvem

Fundstelle der fossilreichen Diatomite
Wenige Kilometer nördlich des Dorfes Güvem sind in einem kleinen Taleinschnitt hellbraune, diatomeenreiche Kalkmergel aufgeschlossen. Diese Gesteine repräsentieren Ablagerungen eines flachen Sedimentationsbeckens (Güvem-Becken) inmitten der vulkanisch geprägten Landschaft des unteren Miozän. Sie sind etwa altersgleich mit den kieselholzführenden Vulkanoklastika einige Kilometer weiter südlich. Die sehr dünnplattig spaltenden Diatomite - auch als Papierschiefer bezeichnet - lieferten und liefern eine hervorragend erhaltene Vertebratenfauna (Fische, Lurche) und Insektenreste. KASAPLIGIL (1977) beschreibt als erster vielfältige Pflanzenreste (Blätter und beblätterte Zweige von Quercus, Acer, Pinus, Ulmus, Salix, etc.), Samen, Früchte und Zapfen sowie zahlreiche Mikrofossilien (Diatomeen, Pollen, Sporen).

Bemerkenswert ist, dass sich die beschriebene Blatt-Flora (vorrangig Angiospermen) nicht mit der Kieselholz-Flora (fast ausnahmslos Gymnospermen) in der Region Kızılcahamam deckt.

Quercus sp., solitäres, gekrümmtes Blatt Größere Platte von Quercus sp. Detail von Quercus sp.

Glyptostrobus sp. Solitäres Blatt von Zelkova sp. Beblätterung von Pinus sp.

Unbestimmter Fisch,
Länge 8 cm
Unbestimmter Fisch,
Länge 8,5 cm
Unbestimmter Fisch,
Länge 7 cm

Ausfuhr verboten

Im Juli 2010 wurde die gesamte Region im Rahmen des Kızılcahamam-Çamlıdere-Geoparkes, dem ersten Geopark der Türkei, unter Schutz gestellt. Es werden große Anstrengungen unternommen, durch Einrichten eines Besucherzentrums/ Museums, das Aufstellen von Tafeln an den jeweiligen Stationen, die Herausgabe von Broschüren, die Sensibilisierung der ländlichen Bevölkerung für das Thema, etc. die Region für in- und ausländische Besucher attraktiv zu gestalten.

Die Ausfuhr von Gesteinen, Fossilien und Mineralien ist in der gesamten Türkei streng verboten. Besucher sollten sich unbedingt an dieses Verbot halten, denn es wird durch zahlreiche Kontrollen überwacht. Verstöße werden auch mit Gefängnisstrafen geahndet!

Literatur

AKKEMIK, Ü., TÜRKOĞLU, N., POOLE, I., ÇIÇEK, İ., KÖSE, N., GÜRGEN, G. (2009): Woods of a Miocene Petrified Forest near Ankara, Turkey. Turk J Agric For, 33. 89-97.

DERNBACH, U. (1996): Versteinerte Wälder. Die 30 schönsten versteinerten Wälder der Erde. 187 S.; Heppenheim (D’ORO-Verlag).

KASAPLIGIL, B. (1977): A Late-Tertiary conifer-hardwood forest from the vicinity of Güvem village, near Kızılcahamam, Ankara. Bull. Miner. Res. Explor. Inst. Turk. 88, 25– 33.

YAVUZ-IŞIK, N. (2008): Vegetational and climatic investigations in the Early Miocene lacustrine deposits of the Güvem Basin (Galatean Volcanic Province), NW Central Anatolia, Turkey. Review of Palaeobotany and Palynology 150, 130– 139.

YÜRÜR, T.M., TEMEL, A., KÖSE, O. (2002): Evidence of Extensional Tectonics at the Southern Boundary of the Galatean Volcanic Province, NW Central Anatolia. Geological Bulletin of Turkey, 45, 1. 85-98.

 

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